Blutdruck & Medizin

ACE-Hemmer weiten die Gefäße und senken den Blutdruck

ACE-Hemmer verhindern, dass ein Hormon die Gefäßmuskulatur aktiviert. Sie senken den Blutdruck und verringern das Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls.

ACE-Hemmer verhindern die Bildung von Angiotensin II und entspannen die Gefäßmuskulatur ACE-Hemmer verhindern die Bildung von Angiotensin II und entspannen die Gefäßmuskulatur

ACE-Hemmer sind eine relativ junge Gruppe von Blutdrucksenkern: Sie kamen erst in den 1980er Jahren auf den Markt. Vorbild für ihre Entwicklung war das Schlangengift der brasilianischen Jacaraca-Lanzenotter. Heute gehören ACE-Hemmer zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten in Deutschland.

1.  Der Nutzen – geringere Krankheitsrisiken und Sterblichkeit

ACE-Hemmer werden vor allem bei arterieller Hypertonie eingesetzt. Nach einer Einstellungsphase senken sie meist verlässlich den Blutdruck. Zusätzlich scheinen sie das Risiko von Schlaganfällen, koronarer Herzkrankheit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verringern. Bei Menschen mit einem metabolischen Syndrom senken sie vermutlich das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken1. Die Sterblichkeit wird ebenfalls leicht gesenkt.

Ihre Wirksamkeit wurde in zahlreichen Studien untersucht, deren Ergebnisse das unabhängige Forschungsnetzwerk Cochrane im Jahr 2018 zusammenfasste2. Die Beweislage ist noch nicht eindeutig, aber einige interessante Statistiken liegen vor:

  • Nach Gabe von ACE-Hemmern erlitten 39 von 1000 Bluthochdruckpatienten einen Schlaganfall, bei einer unbehandelten Kontrollgruppe traten 60 Schlaganfälle auf.
  • 110 von 1000 Patienten entwickelten eine koronare Herzkrankheit (unbehandelt 135).
  • 153 von 1000 Patienten litten unter allgemeinen Herz-Kreislauf-Erkrankungen (unbehandelt 201).
  • Während der Dauer der Studien starben mit ACE-Hemmern 113 von 1000 Patienten, ohne Behandlung waren es 136.
ACE-Hemmer senken die Sterblichkeit und das Risiko von Schlaganfall und Koronarer Herzkrankheit ACE-Hemmer senken die Sterblichkeit und das Risiko von Schlaganfall und Koronarer Herzkrankheit

2.  Weitere Anwendungsgebiete – Erkrankungen von Herz und Niere

ACE-Hemmer werden vor allem zur Blutdrucksenkung eingesetzt. Darüber hinaus können sie auch bei folgenden Erkrankungen hilfreich sein:

2.1.  Herzschwäche

Das Absenken des Blutdrucks kann das Herz entlasten, wenn dessen Pumpfunktion nachlässt oder bereits stark eingeschränkt ist3. Das Fortschreiten der Herzschwäche oder Herzinsuffizienz wird so verlangsamt, weitere Beschwerden wie Atemnot oder Leistungsabfall gelindert. Der Einsatz von ACE-Hemmern kann in frühen und späten Phasen der Herzschwäche sinnvoll sein.

2.2.  Chronische Nierenerkrankungen

Menschen mit Diabetes leiden häufiger an chronischen Störungen der Nierenfunktion. Die Einnahme von ACE-Hemmern trägt vermutlich dazu bei, ein Nierenversagen zu verhindern4.

2.3.  Vorbeugende Wirkung bei Herzinfarkt und Schlaganfall

ACE-Hemmer können vorbeugend wirken und das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall senken. Sie werden auch kurzfristig zur Nachbehandlung eines Herzinfarkts eingesetzt. Auch bei einer Herzmuskelentzündung kann ihre Einnahme sinnvoll sein.

3.  Die Einnahme – täglich als Tabletten

Zu Beginn der Therapie wird meist eine niedrige Dosis des Blutdrucksenkers verordnet, die bei Bedarf langsam erhöht wird5. So kann sich der Körper langsam an die Wirkung gewöhnen, vor allem die Nieren werden dabei geschont. Meist dauert es einige Wochen, bis die optimale Dosis gefunden ist: Der Blutdruck sollte dann nahezu normal sein, die Nebenwirkungen aber möglichst gering.

ACE-Hemmer gibt es in Tablettenform, die mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen werden. Die Einnahme erfolgt meist einmal täglich, bevorzugt am Morgen. Manche Wirkstoffe müssen jedoch zwei- oder dreimal täglich eingenommen werden. Die Anwendung erfolgt jedoch immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt.

Meist werden ACE-Hemmer allein als Monotherapie eingesetzt, manchmal aber auch in Kombination mit anderen Blutdrucksenkern. Am häufigsten handelt es sich dabei um Diuretika oder Calciumantagonisten. Es gibt Tabletten, die bereits eine geeignete Kombination von Blutdrucksenkern enthalten. Diese sind jedoch oft deutlich teurer als die Einnahme verschiedener Tabletten.

4.  Mögliche Alternativen – AT1-Antagonisten und Thiaziddiuretika

Die Vorteile und Nachteile im Vergleich zu anderen Blutdruckmedikamenten werden von Ärzten unterschiedlich bewertet. Laut Cochrane erzielen niedrigdosierte Thiaziddiuretika die besten Ergebnisse2, die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) hingegen empfiehlt eine Kombination mit Calciumantagonisten und/oder Thiazid-Diuretika6, und Schweizer Wissenschaftler sehen im direkten Vergleich AT1-Antagonisten gegenüber ACE-Hemmern im Vorteil7.

Letztlich sollte hier jeder seinem Arzt vertrauen: Die Wahl des passenden Medikaments hängt meist sehr vom Einzelfall und den Begleiterkrankungen ab.

5.  Der Wirkmechanismus – erweiterte Blutgefäße

Der menschliche Blutdruck wird von einer Hormonkaskade mit dem komplizierten Namen Renin-Angiotensin-Aldosteron-System beeinflusst. Es handelt sich um eine Kette von Botenstoffen, bei der das vorhergehende Glied die Aktivität des nächsten steuert. Im Zentrum dieser Kette befindet sich das Peptidhormon Angiotensin, das auf die Gefäßmuskulatur wirkt und ein Zusammenziehen der Adern (Vasokonstriktion) auslöst.

In das Blut wird zunächst die inaktive Form Angiotensin I freigesetzt, die von dem Enzym ACE (Angiotensin Converting Enzyme) in die aktive Form Angiotensin II umgewandelt wird. ACE-Hemmer blockieren das Enzym und verhindern die Bildung von aktivem Angiotensin II. In der Folge weiten sich die Gefäße und der Blutdruck sinkt. Zusätzlich wird die Freisetzung des Hormons Aldosteron verhindert, was in den Wasserhaushalt des Körpers eingreift und die Blutdrucksenkung unterstützt.

Die Hemmung von ACE verzögert zusätzlich den Abbau des Hormons Bradykinin. Bradykinin wirkt als Vasodilator, unterstützt also die Weitstellung der Gefäße und löst ebenfalls eine Blutdrucksenkung aus.

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6.  Die Arten – unterschiedliche Aufnahme und Wirkungsdauer

Im Gegensatz zu etwa den Betablockern gibt es bei ACE-Hemmern keine getrennten Wirkstoffklassen, deren Aktivität auf unterschiedlichen Mechanismen beruht.

Ein Unterschied liegt in der Art, wie der Körper das Medikament aufnimmt. Fast alle ACE-Hemmer sind sogenannte Prodrugs, sie werden also erst im Körper durch Enzyme in wirksame Varianten umgewandelt. Ausnahmen sind die Wirkstoffe Captopril und Lisinopril, die direkt wirksam sind.

Ein zweiter Unterschied liegt in der Wirkungsdauer. Es gibt kurzwirkende ACE-Hemmer wie Captopril, das bereits nach 20 bis 30 Minuten ein, aber auch schnell wieder ausgeschieden wird. Die meisten anderen Wirkstoffe wie etwa Ramipril haben einer langsamere, aber auch länger anhaltende Wirkung. Die erste Besserung ist nach frühestens einer Stunde zu merken, das Maximum wird nach drei bis vier Stunden erreicht3.

7.  Risiken und Nebenwirkungen – häufig ein trockener Reizhusten

ACE-Hemmer werden in der Regel gut vertragen8. Häufig tritt jedoch Reizhusten auf, der in schweren Fällen durch einen Medikamentenwechsel behoben werden kann8. In sehr seltenen Fällen treten Unverträglichkeitsreaktionen auf, die das Leben gefährden können. Trotz mancher Warnmeldungen erhöhen ACE-Hemmer wohl nicht das Risiko einer Covid-19-Erkrankung9, auch das Risiko für Lungenkrebs ist nur moderat erhöht10.

7.1.  Eher harmlose Nebenwirkungen

Nebenwirkungen, die das Wohlbefinden zum Teil erheblich einschränken, aber nicht lebensbedrohlich oder mit langfristigen Schäden verbunden sind. Unmittelbare ärztliche Maßnahmen sind nur selten erforderlich.

  • Kopfschmerzen, Durchfall, Brechreiz (1-10 von 100 Behandelten)
  • Geschmack und Geruchsempfinden können nachlassen

7.2.  Bedenkliche Nebenwirkungen

Nebenwirkungen, die bei wiederholtem Auftreten oder langer Dauer mit gesundheitlichen Problemen einhergehen können. In hartnäckigen Fällen Rücksprache mit dem Arzt halten.

  • Reizhusten (20 von 100 Behandelten): Kann in manchen Fällen so störend sein, dass das Medikament abgesetzt werden muss.
  • erhöhter Kaliumspiegel im Blut (1 von 100)
  • allergische Reaktionen der Haut (>1 von 100)
  • Rückgang der weißen Blutzellen (1-10 von 1 000)
  • verschlechterte Nierenfunktion

7.3.  Potenziell lebensbedrohliche Nebenwirkungen

Sehr seltene akute Anfälle, die das Leben gefährden können. Sofort mit einem Arzt oder Notarzt Kontakt aufnehmen.

  • Schädigungen der Leber: Dunkle Verfärbung des Urins, sehr heller Stuhlgang oder Anzeichen einer Gelbsucht können Hinweise auf Leberschäden sein. Sofort den Arzt aufsuchen.
  • starke allergische Reaktionen: Wenn neben Hautausschlag auch Herzrasen, Atemnot und Schwindel auftreten, sollte unverzüglich der Notarzt gerufen werden (1 von 10 000 Behandelten).
  • Angioödeme: Sehr seltene Nebenwirkungen, die mit Schwellungen an verschiedenen Körperteilen einhergehen können (1-10 von 10 000 Behandelten). Sind die Schleimhäute von Zunge, Rachen oder Mundbereich betroffen, kann dies eine lebensbedrohliche Atemnot auslösen. In diesen Fällen sollte unverzüglich ein Notarzt gerufen werden.

8.  Gegenanzeigen – nicht während der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft und Stillzeit dürfen ACE-Hemmer nicht eingenommen werden, da sie das Wachstum und Knochenbildung des Kindes stören und die Sterblichkeit erhöhen.

Wer unter Angioödemen (auch Quincke-Ödem oder angioneurotisches Ödem genannt) leidet, darf keine ACE-Hemmer einnehmen, da diese das Risiko eines lebensbedrohlichen Anfalls erhöhen.

9.  Mögliche Wechselwirkungen – Vorsicht bei Diabetes

ACE-Hemmer sollten möglichst nicht in Kombination mit AT1-Antagonisten eingenommen werden, da beide Wirkstoffe das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System hemmen, Eine doppelte Blockade erhöht das Risiko, das starke Nebenwirkungen auftreten. Insbesondere die Nierenfunktion kann darunter leiden5.

Bei Menschen mit Diabetes mellitus können ACE-Hemmer die Wirkung von Medikamenten verstärken, die den Blutzucker senken. Das Risiko einer Unterzuckerung oder Hypoglykämie ist dann erhöht.

10.  Die Kosten – etwa 6 Cent für eine Tagesdosis

Eine Tagesdosis ACE-Hemmer kostet durchschnittlich 0,06 € Eine Tagesdosis ACE-Hemmer kostet durchschnittlich 0,06 €

Als verschreibungspflichtige Medikamente zahlen Patienten für ACE-Hemmer nur den gesetzlich vorgeschriebenen Eigenanteil (höchsten 10 Euro). Die Kosten für eine Tagesdosis liegen mit durchschnittlich 0,06 Euro in einem sehr niedrigem Bereich. Da im Jahr 2022 aber insgesamt etwa 5,3 Milliarden Tagesdosen verschrieben wurden, summierten sich die Kosten für die gesetzlichen Krankenkassen auf 344 Millionen Euro, das sind 0,7 Prozent der Gesamtausgaben für Arzneimittel11.

Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel gibt den aktuellen Stand des Wissens wieder. Er enthält jedoch nur allgemeine Hinweise, die nicht für eine Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung geeignet sind. Einen Arztbesuch kann er auf keinen Fall ersetzen.

Quellen und weiterführende Literatur

  • 1 Deutsche Hochdruckliga e.V., Eine gute Blutdruckeinstellung kann Typ-2-Diabetes vorbeugen, Pressemitteilung, Dezember 2021 (Link)
  • 2 Wright et al., First-line drugs for hypertension, Cochrane Database of Systematic Reviews 2018 (Link)
alle Referenzen anzeigen
  • 3 Stiftung Warentest, Blut­druck­senker im Test: Mit diesen Wirk­stoffen lässt der Druck nach, Stand Februar 2024 (Link)
  • 4 Natale et al., Angiotensin-converting-enzyme inhibitors and angiotensin receptor blockers for preventing the progression of diabetic kidney disease , Cochrane Database of Systematic Reviews , April 2024 (Link)
  • 5 A. Piening, Wirkstoff-Lexikon: ACE-Hemmer, daz.online, Stand November 2023 (Link)
  • 6 European Society of Cardiology (ESC), ESC/ESH Guidelines for the management ofarterial hypertension, European Heart Journal 2018 (Link)
  • 7 Messerli et al., Angiotensin-Converting Enzyme Inhibitors in Hypertension, Journal of the American College of Cardiology, 2018 (Link)
  • 8 S. Frantz, Medikamente bei Herzschwäche: Welche Nebenwirkungen gibt es?, Deutsche Herzstiftung, abgerufen August 2021 (Link)
  • 9 COVID-19: ACE-Hemmer/Sartane laut Studie nicht für schweren Verlauf verantwortlich, Deutsches Ärzteblatt, April 2020 (Link)
  • 10 Deutsche Hochdrucklige e.V., ACE-Hemmer und Lungenkrebs? „Das Risiko ist insgesamt als moderat einzustufen“, Pressemitteilung Januar 2021 (Link)
  • 11 Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), PharMaAnalyst, abgerufen Februar 2024 (Link)
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